Titelblatt der ersten „kosmos frauen-schrift“ aus dem Jahr 2000

Heidemarie Ambrosch, KPÖ-Frauensprecherin, Kosmos-Aktivistin der ersten Stunde, die die erste „kosmos frauen-schrift“ mitgestaltete, hat uns eine Nachricht zum Geburtstag zukommen lassen:

Zum Jubiläum wünsche ich euch – und mir! – viele weitere Jahre besten feministischen Kunst- und Kulturgenuss durch – nebst eurem Engagement – langfristig gesicherter öffentlicher Subventionierung! Dafür zahle ich gern Steuern!

An alle Frauen!

Achten wir auf andere, dieser Ruf ging schon immer an unsere Adresse – nur nicht durch alle medialen Kanäle mehrmals am Tag rausgeblasen. Was wir unbedingt in diesen Tagen lernen müssen, ist der zweite Teil der Ansage, achten wir auf uns selbst!

Wir müssen mit dem historischen Geschlechterkompromiss brechen, dass wir Seite an Seite – klar im heute angeordneten Abstand – für Verbesserungen kämpfen, die unsere, aufgestaute Begehren hintenanstellen und nach Beendigung von Krisen wieder in Vergessenheit raten, ja mehr zu befürchten, auch zu einem weiteren Rollback – wie Arbeitsplätze für die „Hauptverdienenden“ – führen können.

30 Millionen Euro für ausgewählte Familien – 800 Millionen für die AUA? So nur eine der mich alarmierenden Nachrichten von heute 10. April 2020.

Wir haben allen Grund noch energischer für eine solidarische Gesellschaft einzutreten, die Sorgearbeit nicht ins Private und caritativer Hilfe abschiebt.  Die eine politische Verantwortung braucht, die nicht der Profitgier einiger Weniger und ihrer von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung bezahlter Lobby folgt, die keineswegs zu den „LeistungsträgerInnen“ gehören! Die Grenzen nicht nur für Pflegekräfte und ErntehelferInnen öffnet!

Deshalb achten wir auf uns selbst und bringen wir unmissverständlich unsere Begehren ein!

Nach der sehr lustvollen und höchst kreativen Erkämpfung des Raumes vor 20 Jahren – an dem ich teilnehmen konnte – gestalteten wir eine Zeitung, um die dringende Notwendigkeit eines solchen zu unterstreichen. Ich fand dafür diese Zeilen einer meiner Lieblingsdichterinnen. Wie treffend gerade in Corona-Zeiten!

Mascha Kaléko: Die Leistung der Frau in der Kultur
(eigentlich zu deutsch: „Die klägliche Leistung der Frau“, aus: In meinen Träumen läutet es Sturm)

Meine Herren, wir sind im Bilde.
Nun, Wagner hatte seine Cosima
Und Heine seine Mathilde.
Die Herren vom Fach haben allemal
Einen vorwiegend weiblichen Schatz.
Was uns Frauen fehlt, ist „Des Künstlers Frau“
Oder gleichwertiger Ersatz.

Mag sie auch keine Venus sein
Mit lieblichem Rosenmund,
So tippt sie die Manuskripte doch fein
Und kocht im Hintergrund.
Und gleicht sie auch nicht Rautendelein
Im wallenden Lockenhaar,
So macht sie doch täglich die Zimmer rein
Und kassiert das Honorar.

Wenn William Shakespeare fleißig schrieb
An seinen Königsdramen,
Ward er fast niemals heimgesucht
Vom „Bund Belesner Damen“.
Wenn Siegfried seine Lanze zog,
Don Carlos seinen Degen,
Erging nur selten an ihn der Ruf,
Den Säugling trockenzulegen.

Petrarcas Seele, weltentzückt,
Ging ans Sonette-Stutzen
Ganz unbeschwert von Pflichten, wie
Etwa Gemüseputzen.
Doch schlug es Mittag, kam auch er,
Um seinen Kohl zu essen,
Beziehungsweise das Äquivalent
In römischen Delikatessen.

Gern schriebe ich weiter
In dieser Manier,
Doch muß ich, wie stets, unterbrechen.
Mich ruft mein Gemahl.
Er wünscht, mit mir
Sein nächstes Konzert
Zu besprechen.

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